Interview - Jürgen Kardel, 50 Jahre ehrenamtlich beim THW

Jürgen Kardel ist Mitglied in unserem Ortsverband und in diesem November seit 50 Jahren aktiv für das Technische Hilfswerk ehrenamtlich tätig. Hier ein Interview mit dem Jubilar.
Stationen von Jürgen Kardel beim THW in seinen 50 Jahren Mitarbeit. Foto THW

Stationen von Jürgen Kardel beim THW in seinen 50 Jahren Mitarbeit. Foto THW

Rolf Fraedrich: Jürgen, Du bist am 4. November 1970 in den damaligen Bezirksverband Bremen-Neustadt des Technischen Hilfswerks eingetreten. Das war der Vorläufer unseres heutigen Ortsverbands Bremen-Süd. 50 Jahre ehrenamtliche und aktive Tätigkeit im Technischen Hilfswerk, das ist wahrlich eine lange Zeit. Was hat Dich damals dazu bewegt hier mitzumachen?

Jürgen Kardel: Ganz einfach, ich wollte nicht zum Grundwehrdienst. Man konnte sich damals auf zehn Jahre im Katastrophenschutz verpflichten und brauchte dadurch nicht zur Bundeswehr. Nun sind aus den angedachten 10 Jahren 50 Jahre geworden – und es macht immer noch Spaß ehrenamtlich im THW mitzuwirken.

RF: Wie kommt es, dass Du über die vielen Jahre immer aktiv warst?

JK: Ich habe in den vergangenen Jahrzehnten eine interessante und abwechslungsreiche Ausbildung genossen. Diese Ausbildung half mir bei zahlreichen Einsätzen im In- und Ausland. Meine Erfahrungen konnte ich an jüngere Helfer des THW, vor allem als Gastdozent an der THW-Bundesschule, weitergeben.

RF: Du gibst mir das Stichwort Ausbildung. Die lief vor 50 Jahren ja noch deutlich anders als heute, da das THW anders aufgestellt war. Was war über die Jahre dein großer roter Faden?

JK: Nach der Grundausbildung wurde ich Helfer in einer Bergungsgruppe. Das war eine spannende Idee, Menschen im Team aus zerstörten Häusern retten zu können. Schlussgültig machte ich auch eine Ausbildung zum Zugführer im Bergungsdienst und war etliche Jahre in einem Bergungszug tätig.

RF: Wie ich weiß, waren deine Erfahrungen im Bergungsdienst letztlich eine gute Grundlage für Dich, um später im THW kompetent in höheren Führungspositionen tätig werden zu können.

JK: Das stimmt. Ich möchte hier nicht jeden Lehrgang nennen, den ich belegt habe. Es waren etliche. Für meine Vita sollte ich aber meine langjährige Ausbildung im damaligen Fernmeldedienst erwähnen. Sie ermöglichte es mir viele Jahre als Fachberater für den Fernmeldedienst an unterschiedlicher Stelle in Führungsstäben des Katastrophenschutzes tätig zu sein.

RF: Von der Bergung zum Fernmeldedienst, spannend.

JK: In der Tat, und es war sehr abwechslungsreich. Ich habe dann zum Beispiel auch große Fernmeldeübungen für das THW ausgearbeitet und durchgeführt.

RF: Was ganz anderes. Du warst in den fünf Jahrzehnten ehrenamtlicher Tätigkeit für das THW auch viele Jahre der Landessprecher Bremen. Was muss man sich darunter vorstellen?

JK: Der Landessprecher Bremen  ist sozusagen der Betriebsratsvorsitzende aller ehrenamtlichen THW Helfer im Land Bremen. In dieser Funktion habe ich ihre Interessen auf Landes- und Bundesebene vertreten.

RF: Bundesebene, das ist wieder so ein Stichwort für mich. Seit 1989 bis heute arbeitest du als Mitglied in diversen Arbeitskreisen der THW-Leitung mit. Sage bitte mal etwas dazu.

JK. Das stimmt, ich war und bin Mitglied in etlichen Arbeitskreisen und Arbeitsgemeinschaften. Sie sind eingerichtet und meist zeitlich begrenzt, um bestimmte Thematiken für das THW zu erarbeiten. Ich war hier stets in der Lage meine praktischen Erfahrungen in diese oft sehr formalen Überlegungen, wie zum Beispiel Dienstvorschriften einzubringen.

RF: Nenne uns doch mal ein paar Dinge, in denen du konkret tätig warst.

JK: Ich habe zum Beispiel an der Erarbeitung von Grundlagen für die „THW-Führungsvorschrift DV 100“ oder dem Handbuch „Logistik im THW“ mitgewirkt. Spannend, aber auch sehr arbeitsreich, fand ich die Mitarbeit um den „Bereitstellungsraum 500“ damit er Wirklichkeit wurde.

RF: Da erwähntest eingangs, dass du als Gastdozent tätig warst.

JK: Richtig, von 2000 bis 2018 war ich ehrenamtlicher Gastdozent an der THW-Bundesschule für die Bereiche Führungsunterstützung und Logistik.

RF. Es ist wirklich beeindruckend, wie du dich so über die Jahre ins THW eingebracht hast. Kommen wir mal zum Einsatzgeschehen des Technischen Hilfswerks. Dafür existiert es ja letztlich. Du hast sicher auch etliche Einsätze mitgemacht. Was waren für dich herausgehobene?

JK: Nun, ich war z.B. mehrfach bei Oder- oder Elbehochwassereinsätzen in der Führungsebene beteiligt. Ich war aber auch zehnmal im Ausland für das THW im Einsatz. Los gingen für mich diese besonderen Einsätze im Mai 1991 nach Russland, nach Borisoglebsk. Weitere Einsätze führten mich in den Iran, nach Goma, Mostar, Kigali und Bordeaux.

RF: Was war da so der Auftrag für das THW tätig zu werden?

JK: Besagter Einsatz im Jahr 1991 war ein Hilfsgütertransport für die dortige Bevölkerung. Oft ging es aber darum Wasser für Menschen in Not bereitzustellen. Zum Beispiel in Goma galt es viele tausend Flüchtlinge in ihren Lagern mit sauberem Trinkwasser zu versorgen.

RF: Und, bringst du dich aktuell noch ins THW ein?

JK: Klar, ich bin Fachberater in meinem Ortsverband Bremen-Süd. Das heißt, bei einem größeren Einsatz berate ich zum Beispiel die Feuerwehr oder die Polizei über die Einsatzmöglichkeiten des THW am Schadensort. Ansonsten arbeite ich immer noch mal wieder beim Erstellen von Dienstvorschriften und dergleichen auf Landes- und Bundesebene mit.

RF: Jürgen, das war spannend von Dir mal so Schlaglichter aus deiner ehrenamtlichen Tätigkeit von 50 Jahren zu hören. Ich vermute doch sehr, Du bleibst dem THW noch eine Weile erhalten, denn der blaue Virus ist offensichtlich in Dir. Das ist gut so. Ich danke Dir für dieses Interview.

RF


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